Die Ostdeutschen und Putin: «Wieso sollen immer nur die Russen die Bösen sein?»

Zitat

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In Ostdeutschland sieht man die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine deutlich kritischer als im Westen. Auch die Sanktionen gegen Russland haben einen schweren Stand. Besonders in Sachsen ist diese Haltung von links bis rechts ausgeprägt. Woran liegt das? Unterwegs in Dresden, der einstigen Wahlheimat Wladimir Putins.

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Weiter: https://www.nzz.ch/international/ukraine...42?reduced=true

Was meint ihr, bzw. habt ihr für einen Eindruck?

Vieles, was der Artikel beschreibt, stimmt. Vor allem auch die Kriegsangst der Menschen. Und - ja - der Angriff auf Dresden durch englische und amerikanische Bomber ist tief in der Seele der Menschen eingebrannt - im Sinne des Wortes. Damit verbunden das Gefühl, dass die USA wesentlich gefährlicher, selbstsüchtiger und mieser, als die Russen sind. Auch ich halte Dresden für ein Kriegsverbrechen, ebenso, wie die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Auch ich bin der Meinung, dass wir den USA nichts verdanken, aber von ihnen immer wieder behandelt werden, wie Vasallen. Ich denke an manche Auslassungen des letzten US - Botschafters, der ähnlich aufgetreten ist, wie der Botschafter der Ukraine jetzt.
Das alles bedeutet nicht, dass wir Russland Recht geben und den Einmarsch und den Krieg auch nur irgendwie richtig finden. Aber die meisten Menschen hier sehen nicht ein, warum wir uns in diese Geschichte involvieren sollten, über das humanitäre hinaus.
Gert

Noch ein Nachtrag aus der BZ von heute, der auf Verwicklungen der USA im Ukrainekonflikt hinweisen kann: "Der von hohen amerikanischen Funktionären orchestrierte Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung Janukowytsch in der Ukraine anno 2014 sowie die sich daran anschließende (verdeckte) militärische Unterstützung ultranationalistischer ukrainischer Antiterroreinheiten durch die USA im Kampf gegen die oppositionellen Kräfte im Südosten der Ukraine."
Etwas, was oft lieber verdrängt wird - sind die USA doch ein "heiliger Hort der Demokratie" für so manche Leute.

Noch ein Gedanke, der mich bewegt hat. Der "Osten" Deutschlands hat die Russen hautnah erlebt. Zunächst als Eroberer, mit allem, was eben jetzt auch in der Ukraine abläuft. Mord, Vergewaltigung, Brandschatzung, Plünderung, Verschleppen von Menschen.
Dann als Besatzer, die das Sagen hatten. Meine Mutter war, als sie schließlich in der Uckermark wirklich angekommen war, Sekretärin eines Bürgermeisters geworden, dessen Qualifikation zum Amt ein Parteibuch der KPD war. Vorher war er Melker auf dem Rittergut gewesen.
Der russische Kommandant kam aus Prenzlau und verlangte Anbaupläne, um die Abgaben berechnen zu können. Der Mann verzweifelte fast, aber meine Mutter, die ja als Zivilgefangene bei den Russen gewesen war, verstand es, damit umzugehen. Die Russen befahlen, die Deutschen spurten. Dann erlebten wir sie als jene, die "Demontage" betrieben. So demontierten sie, im Oderbruch, wo ich groß wurde, die gleise der Kleinbahn und transportierten sie an. Später erfuhr ich, dass die vermutlich heute noch, irgendwo in Russland rum liegen, weil niemand sie brauchen kann. So erlebten wir sie, als diejenigen, die, trotz des Sieges, arme Schweine waren. Sie stoppelten Kartoffeln, um im Winter satt zu werden, sie brauchten unsere Produktion, weil es bei ihnen nicht lief. Wir hörten, dass sie die Amis um Getreide angingen und dafür kräftig zahlten. Dabei wussten wir, dass sie im Besitz der Kornkammer Europas waren. Wir erlebten sie als Menschen, die alles verkauften, vom Benzin, über Uhren, bis hin zu Waffen und Munition. Aber, wenn man dort war, in Russland, erlebte man sie auch als stolz auf ihre Tradition, heimatverbunden, wie es bei uns kaum möglich schien, gastfreundlich, liebenswert, (schöne Frauen), ohne Hass auf uns Deutsche (von Ausnahmen abgesehen). Sie waren Bewunderer der deutschen Klassik, hatten Goethe und Schiller gelesen und kannten Bach und Brahms und weiß der Geier, was noch. Sie konnten zuverlässig sein, selbst wenn sie am Tag zuvor gesoffen hatten. All das hat uns hier irgendwie mit den Russen verbunden, vor allem, wenn man sie näher kannte, und die Sehnsucht spürte, dazu gehören zu dürfen, Teil unserer Zivilisation sein zu dürfen. Ich kannte zwei Russinnen. Eine war aus Georgien, eine dunkele Schönheit mit dickem schwarzen Haar und davon Massen. Die andere eine rassige, schlanke und zierliche Sankt Petersburgerin. Beide haben ihren Platz in meinem Herzen.
Gert

Ich habe mit Russen auch gute erfahrungen gemacht.
Habe mit jugendlichen gearbeitet.
Möchte sie nicht missen in mein Leben.

Ukrainern kenne ich nicht.

Ich finde die situation im ganzen schlimm.

Ich finde es vor beide seiten schlimm.
Toten fallen auf beide seiten.

Hoffe immer wieder es kommt noch mal zu Gespräche. Verhandlungen.

nein darauf einige ich mich nicht, ich weis das du alle Schuld Putin gibst, aber das ist nicht so, wenn man Putin die letzen Jahre nicht immer wieder in die Enge getrieben hätte, nicht immer gesagt hätte er ist das Böse, der Teufel und was weis ich noch, da würde jeder durchdrehen, ich sehe das eben so, du nicht, für dich sind die Russen die ganz ganz Bösen und das was Selenskyj ist rein, gerade zu Engelshaft, ich mag Putin nicht, er war mir noch nie sehr sympatisch, aber der Selenskyj ist mir auch nicht geheuer, er ist nicht umsonst Schauspieler, ich finde es auch immer wieder unmöglich von ihm das er ständig Forderungen stellt, als wollte er auf Teufel komm raus einen Weltkrieg anzetteln, aber wie gesagt das ist meine Meinung, die muss keiner übernehmen oder gut heißen.

Ich denke selten in Kategorien, wie Schuld und Unschuld. Für mich gelten Fakten, die auf Entwicklungen basieren. Ich denke auch nicht, dass man eine Entwicklung wirklich auf eine Person fokussieren kann. War Hitler am zweiten Weltkrieg allein schuld? Oder gab es eine Gruppe, um ihn herum, die ihn bestärkte und antrieb? Männer, wie Hitler oder Putin sind, oftmals jedenfalls, Galionsfiguren, die gewiss viel Verantwortung tragen, und je mehr sie in eine Entwicklung eingreifen, desto mehr Verantwortung tragen sie auch. Putin ist der Verantwortungsträger.
Er muss folglich auch zur Rechenschaft für dieses Desaster gezogen werden. Aber gewiss gibt es noch mehr Köpfe, die rollen sollten.
Ich kann Selenski verstehen. Er steht für sein Volk. Das er Schauspieler ist, muss kein Makel sein. Reagan war es auch. Ich halte ihn dennoch für eine fragwürdige Persönlichkeit. Aber eine, die mit der Last des Krieges gewachsen ist. Seine stetigen Forderungen sind verständlich. Er hat auch Angst vor einer Niederlage.
Eine der Ursachen, dass es überhaupt zu dem Konflikt kam, liegt aber wirklich in der Zeit, in der der s.g. "Ostblock" zerbrach. Damals wurde, gerade von den USA, vehement alles getan, um Russland zu schwächen und auszugrenzen. Auch jetzt vernehme ich wieder Töne aus dieser Richtung, die sich eben nicht nur gegen Putin richten, sondern fordern, Russland so zu schwächen, dass es , in Zukunft, nicht mehr militärisch handlungsfähig ist. Das erinnert mich fatal an Forderungen, die nach dem Zusammenbruch Deutschlands, 1919, erhoben wurden.
Gert

Ich habe zweifel.

Putin hat ein anderes denken wie ich.
Ich heiße es nicht gut was er macht, aber was treibt ihm an, das versuche ich zu verstehen.

In diese zeiten ein krieg anzuzelletn kann ich schwer nachvollziehen.

Aber ich habe nicht den durchblick.

Ich fürchte, Putin hat ein anderes Denken, als die meisten von uns. Was ihn antreibt, kann ich, in gewisser Weise, verstehen. Was nicht bedeutet, dass ich es gut heiße. Auf ihm lastet die Entwicklung seit 1988, seit mit Gorbatschow, Glasnost und Perestroika Schlagworte wurden, wie eine unendliche Last. Er versteht nicht, dass genau das, damals, eine Notwendigkeit war, die aus der Zeit geboren wurde. Natürlich hätte es auch anders laufen können. Es gab ja den Versuch eines Putsches. Dass es ausgerechnet Jelzin war, der sich auf die Seite derer stellte, die den Putsch niederschlugen, ist irgendwie ein Treppenwitz der Geschichte. Denn der Saufaus hat ja nicht wirklich was fertig gebracht. Unter ihm ist Russland nicht mehr ernst genommen worden. Putin wurde zunächst als Hoffnungsträger gehandelt. Jung, dynamisch, scheinbar offen, weltzugewandt...
Er wollte eine Westintegration Russlands, weil er wusste, dass dies Land, eigentlich nur mit einer direkten Verbindung mit Europa, gegenüber den USA, die ihm immer Gegenspieler waren, bestehen kann. Man zeigte ihm die kalte Schulter. Nahm man ihn nicht ernst? War es der Einfluss der USA, die in einem wirklich geeinten Europa in enger Verbindung mit Russland, natürlich einen Gegenpol sehen mussten. Vehikel für die Ablehnung waren, wie das so ist, die s.g. "Menschenrechtsfrage" und die Frage, wie demokratisch Russland wirklich sei.
So blieb Russland letztlich auf sich selbst gestellt. Damit begann dort ein Umdenken. Wollte man Macht haben, musste man Macht zeigen. Da man nie ein wirtschaftlicher Überflieger war, musste man das militärisch machen. Schließlich verließ man langsam den Weg der Rationalität und begann sich an alten Träumen des Zarenreiches zu orientieren. Solche Gedanken waren nie weg, aber eher im Hintergrund schlummernd. Ich denke nur an den Panslawismus, der einst von Russland gefördert wurde und nicht unschuldig am Ausbruch des WWI war.
Das man aber wirklich einen Krieg beginnt, ist ein Schritt, der mir zwar eine Konsequenz dieses Weges zu sein scheint, jedoch nicht ins 21. Jh. passt sondern eher ins 19.. Es ist der endgültige Bruch mit der Realität.
Gert