Hier würde ich gerne über einen unbekannten Menschen sprechen, der viel Anerkennung verdient.

Diesen Menschen, er war katholischer Pfarrer in einem Essener Arbeiterviertel, habe ich kennenlernen dürfen.

In dieses Viertel hatte es meinen Onkel nachdem er aus der Gefangenschaft nach Essen kam, verschlagen.

Aber es geht hier nicht um meine Geschichte

ZITAT:
Pfarrer Albert Schmidt war ein Mann des Wortes und der Tat. Er hatte ein waches Auge für die Not und das Leid anderer. Durch sein ausgeprägtes soziales Engagement und seine enorme Tatkraft erwarb er sich schon früh hohes Ansehen, große Beliebtheit und allseitige Anerkennung. Kirchliche Ehrungen lehnte Pfarrer Schmidt grundsätzlich ab.


https://www.borbeck.de/lexikon-details/schmidt-albert.html

Ein Mann, der Vorbild sein sollte, auch der Kirche.

Vielleicht sollte ich zuerst diesen Stadtteil beschreiben.

Ein kleiner Stadtteil geprägt vom Bergbau, die Arbeitsplätze konnte man leicht fußläufig erreichen. Das waren meist Zechen aber auch der Stadthafen.

Die Zechen boten auch die meisten Wohnungen dort. Die Wohnungen waren klein, zu klein für eine Familie mit Kindern.
Was man anrechnen muss, fast jede Wohnung verfügte über einen Garten, der für den Anbau von Gemüse genutzt wurde.

Überall in dem Viertel sah man noch Überreste von den Zerstörungen des 2.Weltkrieges.
Auf den Brachfeldern mit Trümmerresten spielten die Kinder. Die Buben natürlich Fußball. Denn ganz in der Nähe gibt es noch heute ein Stadion - die Heimat von Rot- Weiss Essen.
Der Verein ist auch aus dem Bergbau entstanden.

Pfarrer Schmidt übernahm nach Kriegsende diese Gemeinde und erbaute aus den Steinen der Trümmer eine Kirche. Genaueres kann man in dem Artikel oben nachlesen.

Er kümmerte sich zuerst um die Kinder, bot ihnen Spiemöglichkeiten, spielte mit ihnen, brachte belegte Brote mit.
Errichtete ein Jugendzentrum und Kindergarten.
An Wochenenden und in den Ferien organisierte er Busfahrten an den grünen Stadtrand, an die Stauseen im Sauerland....für viele Kinder war das der erste Ausflug aus ihrer gewohnten Umgebung.
Dann wurde im Siegerland, in der Heimat des Pfarrers für die Kinder eine Unterkunft geschaffen. Die Unterkunft war eine Stiftung seiner Familie. So verursachte sie auch keine Kosten.
Mir wurde erzählt, dass jedes Kind, ob arm oder reich, katholisch oder evangelisch an diesen Fahrten teilnehmen konnte. Wie das finanziert wurde, ist immer noch ein Geheimnis.
Ich erinnere mich, wie die Kinder ihm nachliefen und versuchten seine Hände zu erwischen, wenn man ihm begegnete.

Auch für die alten und kranken Menschen kümmerte er sich liebevoll.

Irgendwann durften auch Familien mit Kindern für wenig Geld im Siegerland Urlaub machen - auch wenn sie evangelisch war.

Bei der katholischen Kirche machte er sich damit nicht sehr beliebt - das wurde so erzählt.

Man könnte noch viele Einzelheiten erzählen, doch das würde hier den Rahmen sprengen.

Ob sich dafür jemand interessiert, steht auf einem anderen Blatt.

Er war nur ein einfacher Pfarrer in einer wüsten Wohngegend.

Die Familie meines Onkels wohnte noch einige Jahre dort, obwohl mein Onkel immer ausziehen wollte. Doch meine Tante konnte sich nicht von ihren liebgewonnenen Nachbarn trennen.
Ich konnte sie verstehen, das waren Menschen mit Herz.

So wurde die Wohnung immer wieder vom Onkel liebevoll renoviert, darin war er sehr geschickt.

Ich möchte noch anmerken, dass meine Familie nicht in diesem Stadtteil wohnte, sondern etwa 5 Kilometer entfernt.
Aber ich verbrachte manchmal ein Wochenende oder ein paar Ferientage dort.

Ich kann mich da sehr gut in die Gegend und die Umstände hineindenken. Ich bin Jahrgang 1947, habe also die Nachkriegszeit sehr bewußt erlebt. Im Westen Berlins. Auch wir spielten in den Ruinen zu gern, obwohl von den Eltern verboten. Und ich habe viele Jahre später ein Jahr im Ruhrpott gelebt. In Unna. Zwar gab es die Zechen nicht mehr, aber die Bergarbeiter - Siedlungen gab es noch teilweise mit verrußten Aussenwänden. Und aus Erzählungen weiß ich, wie grau so die Wäsche aussah, die durch die Öfen von Krupp und Co. im Winde zum trocknen hing. Ich bin ja als Westberliner Kind immer mit der Landesverschickung nach Bayern in die Ferien gefahren. Unterwegs wurden dann noch Kinder aus Bochum oder Bottrop eingeladen. Sie sahen sehr blaß aus. Während wir Berliner Kinder soviel Grün und Wasser innerhalb der Stadt hatten und bei uns es wirklich nur um die Luftveränderung ging, saßen diese Kinder tagtäglich in Ruß und Staub und hatten es oft auf den Bronchien oder der Lunge.

Ja, und in Deiner Geschichte nun dieser Pfarrer, der sich aufopferungsvoll um die Kinder kümmerte. Und dabei fällt mir dann der evangelische Pfarrer Siggelkow ein, der die ARCHE 1995 gründete und sich in heutiger Zeit um Kinder kümmert, denen es nicht so gut geht.
Schön, dass es immer wieder Menschen gibt, die sich für Andere einsetzen.

Das glaube ich dir, Waldbaum.

Ich denke auch, dass die "Bösen" in der Minderzahl waren.

Ja, Alpenveilchen, vielen Kindern im Ruhrgebiet ging es gesundheitlich nicht gut.

Da hätte viel mehr getan werden sollen.
Wir wohnten bis zu meinem 8.lebensjahr auch in einer Zechensiedlung. Hatten aber das Glück, dass es hinter unserem Haus fast ländlich war. Wir hatten im Hof einen Hasenstall mit Zuchtkaninchen, dahinter war eine große Gartenanlage.
Die Zechen waren da, aber wir kannten es nicht anders.
Viele Bergleute hatten Kaninchen, Tauben, Hühner...
Viel Spaß hatten wir auch am Kanal. Dort verbrachten viele Menschen ihre Freizeit.

Allerdings war der Kanal nicht ungefährlich.
Es fuhren ja ständig Schiffe auf und ab.

Jugendliche versuchten auf die Schiffe zu springen und fuhren ein Stück mit.

Essen hat viele unterschiedliche Gesichter.
Der Norden war von Industrie geprägt, im Süden ist die Ruhr mit dem Baldeneysee, Wälder und sehr schöne Stadtteile.

Wir wohnten später fast im Süden, dort gab es keine Zechen

Du hast recht, Alpenveilchen. Es gibt immer Menschen, die Hilfebedürftigen zur Seite stehen, das ist gut so.