Dazu erst einmal eine Erklärung:

Russische Namen und Wörter werden in anderen Sprachen auf verschiedene Weise umschrieben.

Der frühere russische Präsident, den wir als Jelzin kennen, heißt im Englischen Yeltsin und im Französischen Eltsin.

Und Larissas Heimat Tschernuschka wird im Englischen mit Chernushka umschrieben

Nun war es so: In Larissas Pass stand Чернушка und Chernushka, auf der offiziellen Einladung aber Tschernuschka als Geburtsort.

Würde die Deutsche Botschaft in Moskau nun vielleicht deswegen Schwierigkeiten machen bei der Erteilung des Visums?

???

Das war Larissas Sorge.

Es wird Zeit, das ich weiter erzähle!

Das Visum kam also dann ganz richtig bei Larissa an.

Und Larissa selber kam auch ganz gut in Karlsruhe an - wo sie gut ankam - auch sonst!

Aber der Weg von Tschernuschka über Perm und Moskau war weit ....

Und sie kam nicht per Flugzeug oder Bahn, sondern per Fern-Bus.

Und das war dann wieder ein eigenes Abenteuer der besonderen Art.

Denn dieser Bus schien eine ganze Weile in einer Art von Bermuda-Dreieck verschwunden ....

Larissa hatte eigentlich per Bahn kommen wollen.
Dann wäre die Ankunftszeit hier klar gewesen.

Aber sie hatte sich von einer Mit-Studentin überreden lassen, mit dem Bus zu fahren, weil das eine Spur billiger war.
Aber auch viel ungewisser.

Tagelang hörte ich gar nichts von Larissa.
Dann endlich eine Nachricht per Handy.
Sie komme am Tag darauf in Stuttgart am Zentralen Busbahnhof an.

Und so machte ich mich tags darauf auf den Weg nach Stuttgart ....

Kennt wer den Busbahnhof von Stuttgart?
Dort ist das totale Chaos.
Null Information.
Kein Mensch kann einem sagen, wann und wo welcher Bus ankommen würde.
Und es gab keinen Handy-Kontakt mit Larissa.

Gegen 12 Uhr mittags war ich angekommen.
Als es schon Nacht war, klingelte auf einmal mein Handy.
Ich war da gerade in einer Gaststätte.
Der Bus käme nun bald an.
Ich brach dort die Zelte ab und raste zum Busbahnhof.
Aber es gab weitere Verzögerungen.
Und dann - etwas nach Mitternacht - kam der ersehnte Bus dann doch wirklich und wahrhaftig an.

An jenes Wiedersehen kann ich mich noch sehr gut erinnern!
Aber ich muss noch die richtigen Worte dafür finden.

Ich versuch's jetzt mal.

Zu mitternächtlicher Stunde also bog der Bus auf den Platz ein und hielt. Nach und nach stiegen gruppenweise einige Personen aus.
Larissa war noch nicht darunter.
Und dann erschien in der Tür-Öffnung des Busses die Gestalt einer einzigen schönen jungen Frau, die einen Moment dort stehen blieb und ihre Blicke in die nächtliche Runde schweifen ließ.

Ja, das war sie, Larissa!

Meine Gedanken gingen einen Augenblick zurück nach Perm und in das Restaurant, in der ich sie das erste Mal gesehen hatte.

Und nun war sie tatsächlich wirklich und wahrhaftig vom Rande Sibiriens hierher gereist, um mich zu besuchen!

Die schöne Erscheinung aus dem fernen Russland stieg langsam herab von der Höhe des Reisebusses -
und wir umarmten uns.

Und nun lag mir daran, Larissa so schnell wie möglich ins Bett zu bekommen!

Ja, ihr habt richtig gelesen! Ich wollte Larissa so schnell wie möglich ins Bett bekommen! :nick :-D

Denn natürlich war sie von der langen langen Busfahrt hunde- oder katzen-müde.

Wir stiegen also beide hinab in den Untergrund.
In den Untergrund der Tiefgarage vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof.
Dort war mein Auto geparkt.

Und ich chauffierte Larissa durch das nächtliche Schwaben ins ebenso nächtliche Baden.
Und sie erzählte mir unterwegs von ihrer abenteuerlichen Busfahrt - und wir tauschten Erinnerungen an die Zeit in Perm und an meinen ersten Besuch in "ihrem" Restaurant.

Nach Larissas Ankunft in Karlsruhe begannen dann zwei sehr schöne Wochen.
Wir waren fast täglich zusammen unterwegs, und ich zeigte ihr meine Heimatregion:
Also Schwarzwald und Freiburg und Baden-Baden und Heidelberg und das Elsass usw usw.
Sie freute sich immer sehr, und ich freute mich, dass sie sich freute.

Später sagte sie mir dann am Telefon, als sie wieder in Russland war:
"Es war die glücklichste Zeit meines Lebens."

Es war für mich auch interessant zu erfahren, wie Larissa damals unser völlig zufälliges Treffen in Perm erlebt hatte.

Als ich damals in "ihrem" Restaurant zur Türe hereinkam, bin ich ihr gleich aufgefallen und sie dachte bei sich: "Hoffentlich kommt er zu mir ...."

Nun war ihr Arbeitsplatz aber weiter entfernt, nämlich an dritter Stelle an der Theke, und ich ging eben schnurstracks zur ersten Bedienung an der Theke. Aber weder die erste noch die zweite Bedienung sprach englisch, und so konnte sie mir zu Hilfe kommen.

Und das war auch gut so!

Und so kam es, dass Larissa nun mich umsorgte und Anweisungen gab an das nicht-englisch-sprechende Personal, so dass sie mir den richtigen Wein und das richtige Essen brachten.

Und ich unterhielt mich mit Larissa über dieses und jenes. :nick

Und Larissa sagte mir dann später in Deutschland, das sie so etwas noch nie erlebt hatte.
Dass ein Gast sie persönlich fragte, wie es ihr hier so gehe, und wie die Arbeit so wäre, und wie sie sich fühlte in dieser quasi-englischen Umgebung.

Andere Gäste würden eben nur kurz und knapp ihre Bestellung abgeben - und das war's.

Dass jemand so persönlich mit ihr als Mensch dort geplaudert hatte, das war eine Première für sie gewesen! :nick

Zitat von Babsy

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sehr schöne Geschichte

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Ja, schön und wahr und selbst erlebt.
Ich war eben selber gerührt, als ich meine Geschichte gelesen habe -
und die schönen Erinnerungen wiederkamen.

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Ich bin auch immer gerührt, wenn ich an jene Zeit zurückdenke!