Feiertag auf der Insel Reichenau - der Kardinal und ich :nick

Oder: Wie ich mit einem Kurien-Kardinal aus Rom auf der Bodensee-Insel Reichenau an einem ganz speziellen Inselfeiertag die Heilige Messe feierte.

:torte

Und dann während der Prozession ein Bier trank! :essen

More later

Ich beginne mal:

Gestern stand ich in aller Herrgottsfrüh' auf und nahm die Autobahn Karlsruhe - Stuttgart -Singen zum Bodensee hin.

Kurz vor Stuttgart ging die Sonne auf.
Bei Stuttgart dann bog ich rechtwinklig nach Süden ab.
Zu meinem Erstaunen sah ich die aufgehende Sonne nun im Norden -
statt im Osten, wie erwatet.

Das war sowohl lästig wie gefährlich und auch unheimlich für mich.

Zum einen hatte ich so die grelle Sonne ständig im Rückspiegel und konnte kaum überholen.
Zum anderen aber war mir diese Sonne im Norden echt unheimlich.

War das ganze Weltall durcheinander gekommen?
Hatte die Sonne ihren Lauf geändert?
Oder die Erde?
Jedenfalls: Ein unheimliches Gefühl.

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Heute fand ich eine Erklärung dafür.

More later!

Ich bin dann zu einer Raststätte gefahren, um einen Kaffee zu trinken.
Die Raststätte war noch zu, aber die Tankstelle war zum Glück offen.

Ich bestellte einen Kaffee und sagte so gesprächsweise:
"Ich dachte immer, die Sonne würde im Osten aufgehen ...."
Der Mann an der Kasse sagte ganz trocken: "Ja, das war früher mal so ....."

Und dann sagte er ganz ernst: "Ich bin blind."

Aber damit meinte er, dass er diese grelle Sonne genau im Gesicht hatte, und daher nicht mehr gerade-aus schauen konnte.

So verstanden wir uns da gut! :cool:

Inzwischen habe ich die Erklärung:
Die Autobahn von Stuttgart zum Bodensee verläuft durchaus von Nord nach Süd, generell gesehen.
Aber hinter Stuttgart verläuft sie erst mal eine ganze Weile eher in Richtung nach Süd-Westen.
Die Sonne wiederum geht um diese Jahreszeit wohl nicht genau im Osten auf, sondern eher so leicht im Nordosten. Und so hatte ich daher eine Weile die Sonne direkt hinter mir im Rückspiegel. Alles in Ordnung, also.

Dennoch: Es war ein unheimliches Gefühl!

So ist die Welt nun wieder in Ordnung! :thumbsup
Und mein Orientierungs-Sinn war also durchaus intakt, auch wenn er da mal falschen Alarm schlug!

Hab nochmals über jene Sonne im Norden nachgedacht.
Die Sonne im Süden oder Westen wäre früh am Morgen natürlich auch falsch und unheimlich gewesen. Aber eine Sonne im Norden ist besonders unheimlich, weil es so was bei uns ja überhaupt nicht gibt.
Außer wohl im Mittsommer am Polarkreis.

Ich erzähle weiter:

Bei schönstem Sonnenschein erreichte ich den Bodensee. :nick
Immer wieder ein Erlebnis! :thumbsup
Und sie Sonne stand im Osten, wie sich das gehört. :sonne
Ex oriente lux - wie der Lateiner sagt! :torte

Von weitem schon sah ich die berühmte Pappel-Allee, die die Insel mit dem Festland verbindet.

Frohgemut fuhr ich nun über die Insel Reichenau Richtung Mittelzell und Münster.


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Aber, was war das? :shock: :ähh
Schon zwei Kilometer vor Mittelzell war die Straße gesperrt! :shock: :ähh

Ein rot-weißes Gitter versperrte den Weg.
Ein Schild verkündete: "Straße wegen Prozession gesperrt!"
Und ein Schild "Umleitung" führte zu einem kleinen Parkplatz.

Ich dachte: Soll ich nun wirklich parken und zwei ganze Kilometer auf einer asphaltierten Straße gehen? Ich wusste ja, dass es noch lange nicht Zeit für die Prozession war. Die Messe begann ja erst in etwa einer Stunde. Ich war ja früh dran. Sicher war die Absperrung vorsorglich mal errichtet worden, im Moment aber eher sinnlos.

Der Waldbaum umfuhr also mutig die Absperrung. Und das war richtig so!
Zwar hatte ich ein wenig ein mulmiges Gefühl, so auf einer gesperrten Starße unterwegs zu sein.
Aber es war die richtige Entscheidung.

In Mittelzell angekommen, traf ich auf ein noch halb-verschlafenes Dorf. Feierlich mit Fahnen geschmückt. Und es gab jede Menge gut ausgewiesener Parkplätze. So konnte ich in aller Ruhe parken und mich geistig-seelisch auf die Heilige Messe vorbereiten.

Ich habe mich dann auch gefragt, warum dort schon sooooo früh abgesperrt worden ist?
Wollten die Insulaner denn keine Gäste?
Wollten sie denn unter sich bleiben?

Seelenruhig und ohne Hast schlenderte ich nun durch Mittelzell Richtung Münster.
Vor dem Münster war die Bürgerwehr in ihren historischen Uniformen angetreten, und ihre Musik-Kapelle spielte alt-bekannte Melodien.
Die Häuser waren mit Fahnen geschmeckt, und schließlich läueten auch die Glocken des Münsters.

Ja, es war eine feiertäglich-festliche Stimmung an jenem schönen Frühsommertag am Bodensee!

Um neun Uhr morgens begann dann der Gottesdienst.
Das Münster war gut gefüllt, mit einigen Reihen von Stühlen hinter den Kirchenbänken.
Einen dieser Stühle mit Blick auf den Altar konnte ich mir gerade noch sichern.

Es waren einige Priester in leuchtend roten Gewändern am Altar zugange,
Vor Beginn des Gottesdienstes wurde uns noch vorgestellt, wer die Messe halten würde:
Ein echter richtiger Kurien-Kardinal aus Rom.
Er war extra wegen dieses Feier-Tages ins kleine Reichenau-Mittelzell gekommen.
Aus Rom!

Ich muss zugeben, dass mich das beeindruckt hat: Aus Rom!
Hier in diesen jahrhunderte alten Mauern hatte das einen eigenen Klang: Aus Rom!

Hier war nicht die italiensche Hauptstadt angesprochen.
Hier ging es um die frühere Hauptstadt der gesamten damals bekannten Welt!
Und um die Hauptstadt der Einen Heiligen Katholischen und Apostolischen Kirche.
Hauptstadt weltweit, von Australien bis Kanada, von Argentinien bis Japan.

Was sind da Washington und Moskau dagegen?
Nur Provinz-Nester!

Nach der räumlichen Dimension dachte ich nun auch an die zeitliche Dimension..

Rom wurde ja schon 753 Jahre vor unserer Zeitrechnung gegründet.
Inzwischen hat es noch mehr als zweitausend Jahre dazu gelegt.

Das soll ihm erst mal einer nachmachen!
Es gilt auch hier der Satz: Fluctuat nec mergitur!
Also: Es schwankt, aber es geht nicht unter!

Rom, das Ewige Rom!

Nachdem der Kardinal uns vorgestellt worden war, dachte ich so halb, er würde nun so wie Genscher damals vom Balkon in Prag nun hier von der Kanzel aus verkünden:

"Liebe Landsleute, wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute ...."
*allgemeiner Jubelschrei* :jubel

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Aber nein, das sagte er nicht.
Er sagte zunächst mal: "Gloria in ex-tschelsis Deo!"
Ja, ex-tschelsis!

Und ich dachte: Er kommt wahrhaft aus Rom!
Er redet sein Latein auf italienische Art.

Und wie würde er nun predigen?
In lateinischer Sprache? In italienischer Sprache?
Mit Simultan-Übersetzung?
Oder mit Untertiteln in Leuchtschrift?

*gespannt wart*

Der Kurienkardinal predigte auf Deutsch! :thumbsup
Und es war eine der besten Predigten, die ich je gehört habe!

Ich muss das noch erklären.

Der Kardinal sprach fließend Deutsch!
Mit "fließend" meine ich nun: Er stotterte nicht herum, sondern sprach sehr flüssig.
Allerdings mit einem solchen Akzent, dass man nur die Hälfte verstand, oder eher noch weniger.

Aber er sprach laut und klar und deutlich!
Man hätte ihn gut verstehen können, wenn man ihn verstanden hätte!
Wenn ihr versteht, wie ich das nun meine. :cool:

Ja, er sprach kräftig und mit guter Betonung.
Und abwechslungsreich, mal laut, mal leise, mal hoch, mal tief.
Und er sprach mit Überzeugung, das merkte man.
Man hätte ihm unbesehen einen Gebrauchtwagen abgekauft, wie der Spruch so geht.
Seine Predigt war eine rhetorische Meisterleistung!

Und noch etwas sehr Wichtiges:
Seine Predigt war weder zu kurz, noch zu lang!
Als er gesagt hatte, was zu sagen war, machte er Schluss!
So wie sich das gehört.

Sicher habt ihr euch auch schon zu Tode gelangweilt bei Predigten, die einfach kein Ende nahmen. Predigten, bei denen man immer denkt: "Das wäre doch nun ein guter Schluss-Satz! Hier könnte der Pfarrer doch aufhören!" Aber nein, er predigt weiter und weiter und weiter .....

So kann ich also sagen:
WAS er gepredigt hat, das weiß ich nicht so genau. :cool:
Aber WIE er gepredigt hat, das war Spitze! :thumbsup
Eine der besten Predigten, die ich je gehört habe, wie schon gesagt. :nick

Kennt ihr die Geschichte von dem Mann, der seiner Frau von der Predigt erzählt, die er gehört hatte?

Die Frau fragte: "Von was hat der Pfarrer denn gepredigt?"
Mann: "Ha, von der Sünd, halt ....."

Frau: "Ja, und was hat er denn dazu gesagt?"
Mann: "Er war dagege ...."

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So könnte ich hier auch so sagen:

Frage: "Von was hat der Kurienkardinal denn gepredigt?"
Antwort: "Ha, von Gott, halt ..."
Frage: "Ja, was hat er denn über Gott gesagt?"
Antwort: "Er war dafür ....."