Der Waldbaum im Pyjama - und die zwei Japanerinnen

Jetzt erzähl ich auch mal hier davon:

Es war auf einer Rückreise von Schottland nach Deutschland, als ich in einem kleinen englischen Hotel in Eton übernachtete.

Das Bad war auf dem Flur.

Als ich aus dem Bad zurück wieder in meine Zimmer wollte, war die Tür geschlossen.

Eine jener doofen englischen Türen, die sich selbst verriegeln, wenn man sie nur hinter sich zuzieht - so als wäre es eine Haustür.

Nun stand ich da im Flur - mit Pyjama - aber ohne Schlüssel.

Was tun?

Zur Rezeption gehen ....

Die war nicht mehr besetzt, und das Personal längst über alle Berge.

Auch sonst war das Hotel wie ausgestorben.

Was hättet ihr da getan?

Nun war guter Rat teuer. Habt ihr Vorschläge?

In jenem Hotel also war kein Mensch, den ich um Rat fragen konnte.
Hier war nur eines zu tun: Hilf dir selbst! - Dann hilft dir Gott .... vielleicht .....

Ich überlegte, ob ich wohl irgendwie von außen an der Fassade nach oben und durch ein offenes Fenster in mein Zimmer zurück-klettern könnte ....

Also ging ich vors Haus - und auf die Straße - immer im Pyjama natürlich ....

So stand ich nun bei Nacht - aber ohne Nebel - auf einer der belebten Straßen von Eton. Im Pyjama.
Ein paar seltsame Blicke mag es gegeben haben - aber die Engländer sind da eher diskret - und so manches gewohnt.

Ich betrachtete also sehr genau die Fassade des Hause.
Und da entdeckte ich etwas ....
Und mir kam eine erfolgversprechende Idee

Und das war es, was ich sah:

Vor meinem Fenster war ein Balkon.

Ein durchgehender Balkon bis zum Zimmer nebenan.

Von diesem Zimmer daneben könnte ich leicht dann auf den Balkon gehen - und von dort aus durch das offenen Fenster in mein eigenes Zimmer hineinklettern.

Vorausgesetzt, man erlaubte mir den Zugang zu jenem anderen Zimmer ....

Ich ging also ins Haus zurück - im Pyjama - und klopfte an jene Zimmertür.
Eine Frauenstimme fragte, wer denn da sei da draußen.

Ich versuchte, durch die geschlossenene Tür mein Anliegen vorzubringen.

Würde man mir wohl öffnen?

Würde diese Frau zu nächtlicher Stunde einen wildfremden Mann im Pyjama in ihr Zimmer lassen?

*gespannt wart*

Es stellte sich heraus, dass in jenem Hotelzimmer zwei junge Japanerinnen wohnten.
Eine davon war mutig, die andere war ängstlich.
Die eine war bereit, mir die Tür zu öffnen, die andere eher nicht.
Wer von den beiden würde sich durchsetzen?

Erinnerungen an das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein wurden wach. :nick

Vielleicht hätte ich süß flöten sollen:

"Macht auf ihr lieben Geißlein,
ich bring euch zarte Reislein!
Ich bin doch euer Mütterlein!
Määäähäääähäääähääää!"

Nach langem Hin-und-Her öffnete sich tatsächlich die Zimmertür.
Im Zimmertür-Rahmen stand eine wunderschöne junge Japanerin - im Pyjama , wie ich.

Ich war damals auch noch jung. Ob ich auch wunderschön war?
Dazu fällt mir jetzt jener Spruch ein:
"Ich bin jung, schön, reich und gebildet. Das Beste an mir aber ist meine Bescheidenheit!"
Nun, jedenfalls war ich nicht unschön, wenn ich Bildern aus jener Zeit Glauben schenken darf ....

Die Situation war filmreif.
Was Hollywood wohl daraus gemacht hätte?

Nun ist es so:
Falls ihr einen Bericht von einer wilden Orgie erwartet, so wartet ihr vergebens. :cool:

Ich hielt mich an meine Worte, die ich durch die geschlossene Tür an jenes Pyjama-Mädchen gerichtet hatte: Dass ich nur quer durchs Zimmer auf den Balkon gehen wollte, um dann von dort zu versuchen, in mein eigenes Zimmer zu kommen.


Ein Mann - ein Wort!
Und das tat ich dann auch!


Eingedenk der Worte, die der König im Froschkönigs-Märchen an seine Tochter richtete:
"Was man versprochen hat, das muss man halten!"

Wobei ich auch ein anderes Zitat aus jenem Märchen vom Froschkönig hätte anbringen können.

Denn: Jene mutige Japanerin schaute mich durchaus freundlich an und sprach auch ein paar Worte mit mir.

Die ängstliche Japanerin aber hatte sich völlig in ihrem Bett vergraben. Ich sehe das Bild noch vor mir, wie sie sich auch die Bettdecke über den Kopf zog, damit ich möglichst nichts von ihr sehen sollte.

Was wäre wohl gewesen, wenn ich jene Decke etwas zurückgezogen hätte und so gesprochen hätte:

"Gestatten, mein Name ist König. Frosch-König. Ich möchte von deinem Tellerchen essen und in deinem Bettchen schlafen. Also - rück etwas zur Seite und sei kein Frosch!"

Aber ich sprach nicht so - und so wird man niemals wissen, was jene japanische Prinzessin getan und geantwortet hätte .....

Lasst uns ein wenig spekulieren, wie es auch hätte sein können. :nick

Zum Beispiel war es ja keineswegs sicher, dass ich über den Balkon und dann durch das Fenster in mein Zimmer einsteigen konnte. Es war eine Vermutung, und es gelang.

Was aber, wenn nicht? Wenn ich erfolglos wieder ins Zimmer der Japanerinnen zurückgekehrt wäre?

Hätte jene wunderschöne junge Japanerin im Pyjama mir dann Asyl in ihrem Bett gewährt?
Da ich ja praktischerweise auch schon im Pyjama war?

Ihre Nachbarin hatte sich ja schon bereits vorsorglich die Bettdecke über den Kopf gezogen, so dass sie dann von all dem wenig mitbekommen hätte ….

Oder hätten die beiden sich verständigt und jede der schönen Japanerinnen hätte mir jeweils für eine halbe Nacht Bett-Asyl gewährt? Ich gehe mal zugunsten jener ängstlichen Japanerin, die ich nicht zu Gesicht bekommen hatte, davon aus, dass sie auch wunderschön war.

Eine andere Variante:

Vielleicht war die Ängstlichkeit jener zweiten Japanerin nur vorgeschoben?
Sie hielt halt übertrieben viel auf Ehre und Anstand - wollte ihr Gesicht nicht verlieren.
Kennt man ja ...
Hatte aber ganz andere Gedanken ...

Und in der Tiefe der Nacht
hat sie's vollbracht

schlich aus dem Bett
adrett und nett

auf leisen Sohlen
und heiß wie Kohlen

auf den Balkon hinaus
ganz ohne Graus

dann in mein Zimmer
scherzte: "Du Schlimmer …"

und riss mir die Deck
einfach weg!

Und was dann geschah
niemand es sah ….

An jenem Abend war noch etwas anderes geschehen.
Eine Tatsache, die ich bisher noch nicht erwähnt habe.
Nämlich: Ich hatte meine Auto vor dem Hotel geparkt. Und als ich dann später ins Städtchen fahren wollte, da sprang der Motor einfach nicht mehr an.
Schon der Anlasser reagierte überhaupt nicht.
Wenn ich den Zündschlüssel umdrehte, so war einfach nur Stille.
Totenstille .....

Und dabei wollte ich doch am Tag darauf schon über dem Kanal in Frankreich sein!
War es der Plan einer geheimnisvollen Macht, mich hier in Eton und in England festzuhalten?
In dieser Nacht jedenfalls?

Dazu fallen mir einige Möglichkeiten bz. Spekulationen ein .....

Meine Rückkehr vom Balkon hier nun in Gedichtform:

Ich kam zurück,
das war mein Glück.

Die zwei war'n froh,
das sah man so.

Ich sagte traurig
und etwas schaurig:

"ich hab kein Bett,
das ist nicht nett ..."

"So nimm doch meins,
besser als keins!"

"Nein, besser meins!
Hier ist was Fein's!"

"Oder doch beide?
Zu aller Freude?!"

"Gute Idee!
Doch erst ein Tee!"

Und was dann nach dem Tee geschaaaaah,
das fanden alle wunderbaaaaaa
r!