"Die Geschichte meiner Rückkehr aus Schottland"

Dundee > Wales ->London > Dover > Baden-Baden

Im Moment fällt mir gerade kein besserer Titel ein.
Ich dachte an "letzte Reise".
Aber das klingt wie ein Begräbnis.
Oder an eine Reise von letzter Woche.

Ich meine damit aber meine Rückreise von Nordschottland nach Südbaden im Jahre 1973.

Davon gibt es auch noch dieses und jenes zu erzählen.

Gleich geht es weiter!

Ich mache hier mir mal eine kleine Liste der Stichworte, die da vorkommen können:

eine aufdringliche Vermieterin - ein Bengale - ein hilfreicher Engländer - Hitler und die deutsche Bratwurst - ein geplatzter Autoreifen - Besteigung des Snowdon, also des Berges, nicht des Lords - Yr Wyddfa, das Grab oder die Gruft - ein Waldbaum und zwei Japanerinnen, und alle drei im Pyjama - ein Auto, das nicht mehr fahren will - ein bengalisches Familientreffen - Curry - quer durch Frankreich mit einem Auto, das immer wieder den Geist aufgeben will - Einreise-Schwierigkeiten am Grenzübergang Straßburg/Kehl, also kurz vor'm Ziel

Soweit, so gut ....

Es war im Jahre Anno Domini 1973, dass ich nach einem Jahr als language assistant an der Morgan Academy zu Dundee wieder meine Heimreise antrat.

Und als Abschied vom Vereinigten Königreich wollte ich nun ganz alleine für mich und in aller Ruhe und Gemütlichkeit von Dundee aus quer und längs durchs Land Richtung Dover fahren.

Und mir dazu zwei Wochen Zeit nehmen - oder auch mehr.

Ohne Begleiter, die mir irgendwie in die Fahrt-Route und den Tagesplan reinreden würden.


Doch zwei oder drei Personen wollten da unbedingt mitfahren.
Ich wollte aber NIEMANDEN mitnehmen.


So die Ausgangslage ….

Mit der Erklärung, dass ich nicht schnurstracks nach London und zur Kanalküste fahren wollte, sondern lange Umwege plante, konnte ich die unerwünschten Begleitungen dann abschrecken.


Gottseidank!

Mein erster Umweg führte mich nach Bradford im schönen Yorkshire.
Einer alten Liebe wegen.

Dabei fällt mir gerade ein, dass es dann im schönen Yorkshire auch ein Wiedersehen der geheimen konspirativen und nicht ganz un-romantischen Art gab!
Daran habe ich schon länger nicht mehr gedacht.
Nun werden wieder alte Erinnerungen wach

Ja, Erinnerungen an meine Fee der schwarzen nordenglischen Industrie-Städte, die auch meine Fee der bitter-süßen, rauhen, und doch auch lieblichen Heidelandschaften der Yorkshire Moors gewesen war, wurden wieder wach.

Nicht aber um meine Fee zu treffen, fuhr ich nach Bradford, sondern um ihre Eltern zu besuchen. Mit ihren Eltern hatte ich weiterhin einen guten Kontakt behalten, nachdem die Fee die Ehe mit einer anderen Person eingegangen und fortgezogen war. Und jener andere Person war der Gedanke unhold, dass ich meine Fee weiterhin besuchen sollt …

Doch was geschah?

Als ich in Bradford bei den Eltern angekommen war und wir selbdritt gerade gemütlich bei Tee und Keksen im Wohnzimmer saßen, tauchte völlig überraschend eine vierte Person auf! Völlig ungeplant kam meine Fee ins Haus ihrer Eltern hereingeschneit. Nicht wissend, dass ich da bei Tee und Keksen im Wohnzimmer saß.

Eine Situation der besonderen Art ….

Frage: Flüchtete meine Fee erschreckt davon, als sie mich so un-erwartet antraf?
Feen sind ja manchmal so.

Nein, es waren die Eltern, die sich dezent und verständnisvoll zurückzogen.
Mit den Worten: "Es ist wohl besser, wenn wir euch eine Weile alleine lassen …."

Und so plauderten wir ganz entspannt im Hier und Jetzt, Fee und Waldbaum.
Feen und Waldbäume passen ja auch gut zusammen, nicht wahr?

Und meine Fee machte mir einen Vorschlag, den ich nicht ablehnen konnte.
Und auch nicht ablehnen wollte.

Ein Vorschlag zu einem geheimen Geheimtreffen am nächsten Tage ...

Ja, das war sehr schön!

Sinngemäß sagte meine Fee so:

"Zu mir nach Hause kann ich dich nicht einladen, mein Mann würde eifersüchtig. Aber wie es der Zufall will, bin ich morgen in einem kleinen Städtchen hier in der Nähe. Als Lehrerin mit meiner Schulklasse bei einem Ausflug. Da könntest du dazukommen als Begleitperson. Mein Mann muss ja nichts davon wissen. Er würde nur eifersüchtig, und das wollen wir ja nicht."

Gesagt, getan. Am nächsten Tag fuhr ich zum Bahnhof jenes kleinen Städtchens in Yorkshire, um in konspirativer Weise meine Fee zu treffen.

Den Kindern war natürlich nicht gesagt worden, dass ihre Lehrerin sich mit ihrem Ex-Lover treffen wollte. Ich denke, ihnen wurde gesagt, ich sei eine Lehrkraft von einer anderen Schule. So wie auch Huong in Vietnam mich damals bei ihr zuhause als "Mein Professor aus Heidelberg" vorgestellt hatte, damit die Leute nicht denken sollten, sie sei mein "play-girl", wie sie sich ausdrückte.

Die Schüler waren kleine Erst- oder Zweitklässler. Sie waren alle sehr nett und sagten respektvoll "Sir" zu mir. Das ist in England die normale Anrede für Lehrer, oder war es damals. Entspricht etwa unserem "Herr Lehrer".

Aber als Deutscher fühlt man sich natürlich recht ge-ehrt und schon halb ge-adelt, wenn man mit "Sir angeredet wird.

So hatten Sir Waldbaum und Lady Fee einen schönen Tag zusammen.

Und bei den Eltern der Fee verbrachte ich dann noch ein schönes Wochen-Ende, bevor ich weiterfuhr in den Lake District.

Nun ein Schauplatzwechsel: Der Lake District.

Und dort bestieg ich den höchsten Berg Englands, den Scafell Pike.
Er ist nur 978 Meter hoch.
Ich weiß noch, mit welchem Schuhwerk ich ihn bestieg: Mit ganz einfachen Flip-Flops!
In den Alpen wäre das leichtsinnig gewesen, aber im Lake District traute ich mir das mal zu. :nick